Die grosse Reise

Blogeintraege vom September 2012:

Die Hochzeit

(3. September 2012)

Natürlich ist es keine Voraussetzung, vor dem Auswandern zu heiraten. Es erleichtert jedoch vieles, besonders was Aufenthalts- und Arbeitsbewilligungen sowie Versicherungen etc. angeht. Mathias und ich hatten sowieso vor, zu heiraten, irgendwann. Durch die Entscheidung, in die USA zu ziehen, wurde die Sache konkreter und der Termin rechtzeitig angesetzt. Am 23. März 2012 fand schliesslich die Hochzeit statt. Es war ein wunderschöner Tag für uns und wir danken noch einmal allen Teilnehmenden herzlich!

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Die Abreise

(3. September 2012)

Die Zeit vor der Abreise war ziemlich stressig. Nicht nur, weil es viel zu tun gab, sondern auch emotional - wir waren die ganze Zeit in einer "Zwischenphase" und konnten nichts mehr und noch nichts tun.

Da wir über den 1. August auf Hochzeitsreise waren, hatten wir die Wohnung schon auf Ende Juni abgegeben. Da wir keine Möbel und anderes mit in die USA nehmen wollten, mussten wir also schon im Mai/Juni damit beginnen, unseren Hausrat zu verkaufen, verschenken oder wegzuwerfen. Alles, was wir mitnahmen, musste in zwei Reisetaschen pro Person passen. Dazu verfrachteten wir einige emotional wichtigen Dinge in Kisten zu unseren Eltern, um sie dort zu deponieren. Anschliessend zogen wir mit unseren je zwei Reisetaschen zu meinen Eltern in den Aargau und pendelten für die letzten drei Arbeitswochen nach Zürich. Anschliessend verreisten wir für drei Wochen nach Thailand und Singapur.

Zurück in der Schweiz, mussten wir unsere letzten Abreisevorbereitungen treffen. Das heisst, wir haben uns noch mit möglichst vielen Leuten getroffen, haben uns bei Vater Staat abgemeldet und uns mit den ganzen Ausreisebedingungen herumgeschlagen. Mathias musste zig Dokumente einreichen, nur um seinen Ausländerausweis hinterlegen zu können - reine Schikane, da dies eigentlich problemlos möglich sein sollte, sofern man die Absicht hat, in die Schweiz zurück zu kommen. Zig Telefonanrufe und Mails später wurde ihm dies gestatten - gerade noch rechtzeitig, damit wir uns am letzten Donnerstag vor Abreise (Montag) mit nur einem Tag Backup abmelden gehen konnten!

So gingen wir also am Donnerstag zum Stadthaus Zürich um Mathias abzumelden und den Ausweis zu hinterlegen. Nach Schalter A, bei welchem überprüft wurde, ob ihm dies wirklich gestattet wurde, wurden wir weiter zu Schalter B geschickt, der Steuerbehörde. Nach einigem Durchackern der bisherigen Steuerdokumente von Mathias einigten wir uns auf einen Betrag, den Mathias zu zahlen hatte. Da eine Abmeldung erst möglich ist, wenn man diesen Betrag bezahlt hat, war keine elektronische Überweisung mehr möglich, da dies möglicherweise länger als einen Tag gedauert hätte. Also ab zur Post, um Geld abzuheben.

Ich besitze seit zehn Jahren ein Postkonto. Da ich es aber bald nicht mehr brauchen würde, hatte ich mir nicht mehr die Mühe gemacht, meine Namensänderung anzugeben. Das sollte sich jetzt rächen. Für den Betrag, den ich abzuheben gedachte, wollte die nette Dame am Schalter einen Ausweis sehen - und auf meinen sämtlichen Ausweisen (Pass, ID und Führerschein) war natürlich der neue Name drauf. Auf sämtlichen alten Karten (Krankenkasse, Halbtax, Legi etc.) war noch der alte Name drauf, aber das genügte der Dame nicht. Sie glaube mir zwar, aber Vorschrift sei Vorschrift...

Also raus aus der Post, im Schnellzugstempo zu Mathias Büro gerannt, Trauschein geholt und zurück zur Post. Langsam ging uns die Zeit aus, da das Stadthaus bereits um halb fünf schliesst. Also erneut zum Schalter, Situation erklärt, Ausweis und Trauschein gezeigt, Betrag genannt. Interessanterweise erklärt die Frau an diesem Schalter, dass das auch ohne Trauschein kein Problem gewesen wäre. Habe ich wohl mal wieder Pech bei der Schalterwahl gehabt! Freundlicherweise gibt die nette Dame Vollgas, rennt von Schalter zu Schalter um überall die Tausender einzusammeln, damit wir keinen Riesenstapel Geld herumschleppen müssen, und beeilt sich sehr. Herzlichen Dank, freundliche Frau an Schalter A!

Mittlerweile war es Viertel nach vier. Also einmal quer durch Zürich gerannt, mit einem Riesenpack Geld dabei. Macht man auch nicht alle Tage! Ab zu Schalter C, Geld abgeben. Mit der Quittung in den 1. Stock, zu Schalter D, Bestätigung holen, dass man die Steuern bezahlt hat. (Die Tür fällt ins Schloss, es ist halb fünf und keiner kommt mehr rein... Schwein gehabt!) Mit der Bestätigung zurück zu Schalter A, den Ausweis hinterlegen und die Abmeldebestätigung entgegen nehmen. Einmal tief aufatmen. Man fühlt sich schon ein bisschen wie Asterix, der einen Passierschein A 38 braucht!

https://youtu.be/lIiUR2gV0xk

Nachdem Mathias abgemeldet war, blieb am Freitag noch, mich abzumelden. Da ich in Zürich immer nur Wochenaufenthalter war, musste ich dies in Gränichen erledigen. Ich dachte, bei mir gehe das einfacher als bei Mathias, aber es sollten auch hier einige unerwarteten Probleme auftauchen... Wäre ja sonst nicht spannend.

Zuerst einmal sagten mir die Leute am Schalter, sie würden meinen Heimatschein nicht finden. Äh, bitte was? Sie finden meinen Heimatschein nicht? Nun gut, abmelden kann ich mich anscheinend trotzdem. Dazu musste ich meine Adresse in den USA angeben. Bei Mathias in Zürich war es hinreichend, "Berkeley, California" anzugeben. Die Gränicher hingegen wollten eine Adresse. Ich hatte natürlich die Adresse des Hotels nicht dabei, aber die könne ich später nachliefern. So weit, so gut.

Natürlich musste auch ich noch bei der Steuerbehörde vorbei. Da ich bisher immer Studentin war, musste ich noch nie viel Steuern zahlen. Ich arbeitete auch im 2012 nur 30%, bei mir ist nicht viel zu holen. Interessant ist nun jedoch das folgende Detail: In Zürich wurde uns gesagt, dass das Jahr, in welchem man heiratet, noch getrennt versteuert wird. Im Aargau jedoch wird anscheinend bereits das Jahr, in welchem man heiratet, gemeinsam versteuert. Interessant! Nun, mir kann das egal sein, sollen sich die Aargauer mit den Zürchern streiten, wer wie viel von Mathias' Steuern bekommt! Also ab nach Hause und denen noch die Adresse vom Hotel schicken. In der Antwortmail stand: "Wir haben den Heimatschein auch noch gefunden." Äh, ja, sehr beruhigend!

Mit den beiden Abmeldebestätigungen konnten wir unsere Versicherungen und Krankenkassen abmelden und anschliessend ein relaxtes Wochenende verbringen, bevor es dann am Montag früh los ging.

Die Reise

(10. September 2012)

Am Montag (20. August) ging es endlich los. Das Gepäck: Je eine grosse Reisetasche, bis ans Maximum (23kg) gepackt, sowie je eine kleinere Reisetasche (ca. 14kg) plus meine Handtasche plus Mathias' Umhängetasche als "Handgepäck". Das war alles, was wir aus dem "alten Leben" mitnahmen.

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Mein Vater brachte uns zum Flughafen Zürich. Zuerst luden wir alles Gepäck auf ein Trolley, dann probierten wir erst mal die Self-check-in-Stationen des Flughafens aus - aber wie immer funktioniert das nicht. Mathias konnte sich zuhause bereits online einchecken, aber bei mir ging das nicht, da das System mein Visum nicht kannte. Nun denn.

Also haben wir den Check-in-Schalter unserer Fluggesellschaft, US Airways, gesucht. Und nicht gefunden. Also erst mal bei der Info nachgefragt: Da gerade umgebaut wird, befinden sich ein paar Schalter irgendwo in einem unteren Stock. Treppe runter mit Trolley geht schlecht, also einmal rundherum laufen und die Rollstuhl-Kinderwagen-Trolley-Auffahrt benutzen. Als wir unseren Schalter dann gefunden hatten und uns in die Reihe gestellt hatten, wurden wir informiert, dass man in der Reihe kein Trolley verwenden dürfe. Also alles abladen, Trolley wegfahren, Gepäck in der engen Bahn vorwärts schieben, ziehen und kicken, bis wir endlich an der Reihe sind.

Der Check-in ging dann relativ schnell und gut - "ja, wir haben die Taschen selber gepackt, nein, die Tasche war nie unbeaufsichtigt, nein, wir haben nichts Unerlaubtes dabei" - und dann hatten wir unsere Flugtickets in der Hand. Zeit fürs Frühstück! Also die restlichen vier Taschen wieder aufs Trolley geladen und einmal quer durch den Flughafen damit, um in der Migros die restlichen Franken auszugeben. Mit einer zusätzlichen Tasche mit Nahrung wieder quer durch den Flughafen, um vor dem Eingang noch gemütlich zu zmörgelen. Denkste! Kaum hatten wir unser Zeug ausgepackt, kam eine Durchsage, dass sich die Passagiere nach Philadelphia - also auch wir - sich bitte zum Security-Check begeben mögen. Also schnell die Kaffee-Drinks heruntergeschlürft, die Snacks weggepackt und los gings!

Beim Security-Check wurde natürlich Mathias' Tasche zur Sonderinspektion ausgewählt. Man muss elektronische Geräte aus der Tasche nehmen und separat in die Kistchen zum röntgen geben - das hatten wir auch brav gemacht und unsere Laptops ausgepackt - nur hatte Mathias noch sehr viele Kabel in der Tasche, die der netten Security-Dame suspekt waren. So durfte er alles auspacken, sie war endlich zufrieden, und er musste alles wieder irgendwie in die Tasche bekommen. Mit einigem Gewürge gings dann, und wir schleppten uns und alles Gepäck zum Gate, um auf den Flug zu warten.

Beim Gate angekommen, ging bereits das Boarding los. Wir waren in einem der Sektoren, die als erstes ausgerufen wurden, und konnten an allen anstehenden Personen vorbei - dachten wir. Denn wieder sollte es anders kommen: Beim Checken des Boarding Passes stellte die nette Dame fest, dass Mathias zu einer weiteren Inspektion seines Gepäcks ausgesucht wurde. Also nochmal alles auspacken, nein, immer noch nichts Illegales dabei, alles wieder reingewurstelt in die Tasche und auf ins Flugzeug. Drinnen konnten wir dann erst einmal aufatmen und unsere Gipfeli essen.....

Nach einem problemlosen Flug landeten wir acht Stunden später in Philadelphia. Da man in den USA immer am ersten Flughafen gleich die Immigrations-Formalitäten erledigen muss, stauten sich die Menschenmassen vor der Einwanderungsbehörde. Die Schlange war ewigs lang und ging nur sehr langsam vorwärts, und wir mit unserem vielen Handgepäck waren hauptsächlich mit "aufheben - 1m tragen - abstellen - repeat" beschäftigt. Nach einer guten Stunde waren wir dann endlich an der Reihe. Auch hier wurden wieder die obligatorischen Testfragen gestellt, unsere Dokumente und Fingerabdrücke wurden überprüft, und dann waren wir in den USA. Nur leider noch nicht ganz am richtigen Ort, und in einer Stunde ging unser Anschlussflug.

Also holten wir unser Gepäck ab - das muss man abholen, durch die Security schleifen und dann erneut aufgeben - und stellten uns vor der Security-Kontrolle erneut in eine Schlange. Diese schien auf den ersten Blick gar nicht sehr lang, ging jedoch um eine Kurve - und hinter der Kurve kam dann doch noch eine grössere Schlange zum Vorschein. Also wieder das gleiche Spiel. Wir fragten noch eine der Info-Damen, ob wir nicht schneller durch könnten, da unser Anschlussflug bald ging, doch die sagte bloss, dass alle in der gleichen Situation seien. Also alle in der Schlange schlechter Stimmung für ein Security-Theater, das eh nur Farce ist. Überall standen Schilder mit der Aufschrift "Your safety is our priority" etc. Sehr demotivierend. Als wir schliesslich durch waren - diesmal ging es ohne auspacken, so viel also zu den genauen Kontrollen - war unser Flugzeug kurz vor dem Abfliegen.

Wir rannten zu der Gepäckaufgabe, gaben die grossen Reisetaschen wieder ab, packten uns die "kleinen" Reisetaschen auf den Rücken und rannten quer durch den Flughafen zu unserem Gate - um dann fest zu stellen, dass das Flugzeug gerade ohne uns abgeflogen war. Durchgeschwitzt und von der sinnlosen Security-Kontrolle genervt, begaben wir uns also zum Informationsschalter, wo wir, wer hätte das gedacht, erneut in einer Schlange anstehen mussten. Glücklicherweise erwischten wir dann jedoch einen kompetenten Herrn, der uns zwar keinen späteren Flug nach Oakland anbieten konnte, dafür aber einen Direktflug nach San Francisco. Das war nicht weiter dramatisch, daher nahmen wir das Angebot an - wir hatten ja auch keine andere Wahl. Unser Gepäck jedoch war auf dem Weg nach Oakland, aber das würde sich schon irgendwie richten lassen.

Nun hatten wir nochmals eine Stunde Zeit, um zum richtigen Gate zu gelangen. Wir gönnten uns also erst mal etwas zu trinken (Mathias war mit seinem Kaffee nicht ganz glücklich, aber daran wird er sich gewöhnen müssen...), und dann ging es auch schon wieder los. Wir durften diesmal sogar beim Notausgang sitzen, das bedeutet viel Beinfreiheit für Mathias. Auch dieser Flug war unproblematisch, nur der Landeanflug in San Francisco ist jeweils etwas zu rumpelig für meinen Geschmack, da es halt doch ziemlich starken Wind hat. Wir versuchten zwar, etwas zu schlafen, das klappte jedoch nicht wirklich, und so waren wir bei der Landung gegen neun Uhr Lokalzeit schon 24 Stunden wach.

Wir mussten uns beim Schalter für verlorenes Gepäck melden gehen, da unsere Taschen ja beim anderen Flughafen angekommen waren. Die Dame am Schalter versprach uns, dass die Taschen entweder heute Abend oder morgen Vormittag zur Hotellobby geliefert würden. Das tönte gut, und so machten wir uns auf den Weg zum Bart, der lokalen "S-Bahn". Den benutzen hier ausser zu Pendlerzeiten eigentlich nur Penner und Touristen, dementsprechend verlottert und schmuddelig sieht er auch aus. Aber glücklicherweise kannten wir das ja bereits von 2010, so konnte uns nichts mehr stressen. Wir besorgten ein Ticket, schleppten unser Gepäck in den Bart, fuhren zum Umsteigebahnhof, schleppten unser Gepäck in den anderen Bart, fuhren nach Berkeley, schleppten unser Gepäck aus dem Bahnhof heraus und gönnten uns ein Taxi zum "Hotel".

Reichlich übermüdet, KO von der Reise und etwas genervt wegen dem fehlenden Gepäck war die Ankunft beim "Hotel" ein ziemlicher Schock. Schon beim ausladen kam eine verwirrte (wohl nicht ganz nüchterne) Französin und laberte uns voll, dass sie irgend etwas verloren habe und suchte das Trottoir ab. Wir fanden nichts und versuchten, ins Hotel zu kommen. Auf der Internetanmeldung hiess es gross "self-check-in", das tönte eigentlich gut - das bedeutet ja zum Beispiel, das man ankommen kann, wann man mag. Man bekommt per E-Mail einen Code, um die Aussentüre zu öffnen. Nachdem wir dies getan hatten, landeten wir in der "Lobby": Einer mit jenstem Gerümpel vollgestellten Eingangshalle. Auf einer Komode lag ein handgeschriebener Zettel mit den Leuten, die sich demnächst einchecken sollten, sowie deren Zimmernummer. Unsere Nummer war anscheinend 14. Dann konnte man sich den Schlüssel mit der richtigen Nummer einfach vom Schlüsselbrett nehmen und sein Zimmer suchen. Yay! Hippie-Style!

Wir suchten also unser Zimmer, irgendwo im ersten Stock hinten rechts um die Ecke. Überall standen Regale mit Büchern und sonstigem Schrott, und es hingen seltsame Bilder an der Wand. Genauso in unserem Zimmer. Aber es hatte ein Bett, und das war für den Moment das Wichtigste. Wir suchten noch kurz ein Badezimmer, um unsere Zähne zu putzen, und fielen dann todmüde ins Bett. Wir waren in Berkeley angekommen!

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