Bootstrapping Teil II

Blogeintraege vom September 2012:

Die zweite Woche

(19. September 2012)

Nach der ersten, stressigen Woche konnten wir die zweite sehr relaxt angehen. Wohnung und Auto war geritzt, nun waren es nur noch kleinere Dinge, die geregelt werden mussten. Doch auch von denen gab es nicht zu wenige. Zum Beispiel fuhren wir noch einige Male zur Ikea oder anderen Kaufhäusern, bis wir alles zusammen hatten, was wir brauchten. Dabei fanden wir bei einem Ikea-Besuch heraus, dass unsere schweizer Kreditkarte blockiert wurde. Zum Glück hatten wir auf dem US-Konto noch genug Geld, um mit der Debitkarte zu bezahlen. Bei einem Anruf bei der schweizer Karte wurde uns gesagt, dass das ein Sicherheitsmechanismus gewesen sei... Nun, wir erklärten den Leuten, dass wir wirklich in den USA sind und die Karte selber benutzen möchten, und so wurde sie schliesslich wieder freigeschaltet.

Ein weiteres Ding war die Autoprüfung. Wer als Tourist in die USA kommt, darf problemlos mit einem schweizer Führerschein autofahren. Wenn man jedoch in die USA zieht, gilt dies nur eine beschränkte Zeit, danach braucht man einen californischen (bzw. dem jeweiligen Staat zugehörigen) Führerschein. So hatten wir uns also für die schriftliche Prüfung angemeldet. Eigentlich wollten wir uns ein bisschen darauf vorbereiten, hatten dann aber irgendwie doch nie richtig Lust und haben daher nur am Abend vor der Prüfung ein bisschen im Handbuch gestöbert und Beispielfragen angeschaut. Die Verkehrsregeln kennen wir ja bereits, es ging eigentlich mehr darum, Unterschiede zum schweizer System zu finden und diese zu lernen.

Am Tag der Prüfung fuhren wir rechtzeitig los, um den Termin einzuhalten. Als wir beim DMV (dem amerikanischen Strassenverkehrsamt) ankamen, stellten wir jedoch fest, dass wir unsere Pässe zuhause liegen gelassen hatten! Also schnell nochmal nach Hause gefahren, Pässe eingepackt, zurückgefahren. Übrigens: Es war kein Problem, dass wir in unserem eigenen Auto zu unserer Führerscheinprüfung gefahren sind; noch galt ja der schweizer bzw. liechtensteiner Ausweis. Nachdem wir uns in der Schlange angestellt hatten - ja, das muss man auch dann tun, wenn man einen Termin hat, aber es geht dann schneller - und endlich an die Reihe kamen, stellten wir fest, dass zwei kleine Papierchen, die anscheinend zum Visum gehören, fehlten. Ich hatte die sicherheitshalber im Auto gelassen, damit wir sie nicht verlieren... Mathias musste also schnell zum Auto rennen, denn die Leute wollten alles kopieren, Pass, Visum, diesen Fötzel, alles.

Danach mussten wir ein Formular ausfüllen und zum nächsten Schalter gehen. Dort wurden kurz die Augen getestet (d.h. man liest kurz vor, was auf einem Schild weiter hinten für Buchstaben stehen...) und man bezahlte 31 US$. Anschliessend wird ein Foto gemacht und dann darf man den theoretischen Test machen. Ich hatte Glück, bei mir kamen genau die Testfragen dran, die wir am Abend vorher angeschaut hatten. Mathias hatte Pech und musste sogar ein bisschen denken, um den Test zu lösen. Trotzdem bestand auch er mit nur einem Fehler, ich hatte natürlich null. (Man dürfte sechs aus 36 falsch haben. Alles ist zum ankreuzen, pro Frage ist immer nur eine Antwort richtig.) Anschliessend bekamen wir den provisorischen Führerschein. Jetzt müssen wir nur noch die praktische Prüfung bestehen, aber da muss man auf einen Termin etwa einen Monat warten, wir haben also noch etwas Zeit zum üben.

Den Rest der Woche verbrachten wir damit, Zeug übers Internet zu bestellen und in Empfang zu nehmen. So bestellten wir zum Beispiel einen Fernseher. Nachdem Mathias seine schweizer Kreditkarte und die amerikanische Debitkarte erfolglos ausprobiert hatte, versuchte ich es mit meinen Karten, auch ohne Erfolg. Nach zig Versuchen und zwei Anrufen bei der Bank klappte es dann doch irgendwann, und kurz darauf wurde der TV geliefert. Wir schlossen ihn an, genossen einen Abend Filmvergnügen, und als wir ihn am nächsten Abend wieder einschalten wollten, funktionierte er nicht mehr. Die Leute des Versandhauses bestanden darauf, dass wir die Rücksendung selber bezahlen müssen, was 150$ gekostet hätte. Was tun? Nach einigem Überlegen und zig Mails durften wir den TV dann doch gratis zurücksenden. Dummerweise hatten wir den Karton bereits entsorgt. Also fuhren wir zum Walmart, kauften einen anderen TV, und packten den alten in den neuen Karton, der aber dummerweise 5cm zu kurz war! Also nahmen wir den Karton vom Drucker dazu, schnippselten etwas herum, brauchten ganz viel Klebeband und tataaa, der TV war eingepackt und wir konnten ihn zurückschicken. Der neue funktioniert anstandslos, und falls er kaputt gehen würde, könnten wir ihn einfach kurz zurückbringen und müssten nicht bis nach Texas fahren!

Das im Internet gekaufte Zeug ist jedoch überhaupt nicht immer schlecht. Wir liessen einige Dinge liefern, und ausser dem TV ging alles sehr gut. Mathias hatte sich sogar ein Fahrrad gekauft, welches vor die Haustüre gebracht wurde. Im Gegensatz zur Schweiz ist der Versand hier oft gratis oder sehr günstig, und manche Services liefern in weniger als 48 Stunden, das ist sehr angenehm. Nur manchmal geht eben etwas schief. Wir bestellten auch ein Bett im Internet. Wir verfolgten seine Reise zu uns online, um zu wissen, wann wir zuhause sein sollten, um das Packet in Empfang zu nehmen. Wir sahen, wie es losgeschickt wurde, wie es über Nacht weitergefahren wurde, wie es wieder über Nacht weitergefahren wurde, wie es im Verteilzentrum ganz in der Nähe ankam, wie es auf den FedEx-Laster verladen wurde. An dem Tag, als es eigentlich ankommen sollte, kam aber nichts. Als wir später wieder nachschauten, stand dort "damaged in transit", kann nicht ausgeliefert werden. Also hat das Bett den ganzen Weg wieder zurück gemacht. Nun ist es (oder ein Ersatz, keine Ahnung wie sehr es damaged war...) wieder auf dem Weg zu uns, wir warten noch heute darauf......

So verbrachten wir die zweite Woche damit, uns häuslich einzurichten, weiterhin Zeugs einzukaufen und langsam unsere neue Umgebung kennen zu lernen.

Die Naturparks

(19. September 2012)

Nach diesen ersten zwei Wochen in den USA hatten wir noch zwei Wochen Zeit, bevor Mathias mit der neuen Arbeit beginnen musste. Wir überlegten uns, ob wir noch ein bisschen wegfahren sollten, beschlossen dann aber, zuhause zu bleiben. Einerseits war die Gegend neu für uns und es gab sehr viel zu sehen und entdecken, und andererseits hatten wir seit Mitte Juni kein eigenes Zuhause mehr und genossen es sehr, wieder selber kochen zu können, uns einrichten zu können, und einfach wieder ein Daheim zu haben. So blieben wir hier und fingen an, die Umgebung zu erkunden.

Dies taten wir einerseits, indem wir ab und zu joggen gingen - auch Sport hatten wir schon länger keinen mehr gemacht - oder wir testeten das lokale Freibad und die Bowlingbahn aus. Andererseits unternahmen wir aber auch einige Tagesausflüge in Naturparks der Umgebung.

Wir waren im Black Diamond Mines Regional Reserve, dort konnte man wandern und anschliessend eine alte Mine besichtigen. Der Park liegt im Nordosten und da er nicht an der Küste ist, ist es sehr heiss!

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Die Umgebung im Park.

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Ein Belüftungskanal.

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Die verlassene (Sand-)Mine.

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Mathias berührt die Verwerfungslinie.

Wir waren im Point Reyes National Seashore, das ist der Park nördlich von San Francisco. Dort gibt es einen sehr grünen Wald und einen fantastischen Blick auf das Meer.

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Toller Blick auf das Meer - noch besser als auf dem Foto ersichtlich!

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Schöner grüner Wald, tolle Bäume.

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Nach einem langen Aufstieg wird man mit einer tollen Aussicht belohnt!

Wir waren im Mount Diablo State Park. Mount Diablo ist der Berg, den man vom Minen-Park aus sehen konnte. Das hatte uns neugierig gemacht, und so sind wir auch noch zum Mount Diablo Park gefahren. Dabei haben wir eine drei-Gipfel-Tour gemacht und sind fast verdurstet, weil es wirklich unglaublich heiss war.

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Sooooo heiss, man freut sich über jedes Schattenplätzchen!

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Aber die Aussicht lohnt sich!

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Nochmal tolle Aussicht.

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Einer der drei Gipfel, auf welchen wir waren.

Wir waren im Wildcat Canyon. Dies ist quasi unser Haus-Park, man fährt weniger als eine halbe Stunde hin und ist im Grünen.

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Vom Park aus hat man eine super Aussicht auf die Golden Gate Bridge.

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Mathias posiert vor der Bridge, die man leider auf dem Foto fast nicht sieht.

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Die Aussicht in die andere Richtung. Der Berg ist Mount Diablo!

So vergingen auch diese beiden Wochen wie im Flug. Aber jetzt kennen wir uns hier wenigstens schon ein bisschen aus!

Der Arbeitsbeginn

(23. September 2012)

Nach den ereignisreichen ersten zwei Wochen und den entspannenden zweiten zwei Wochen haben wir uns nun langsam an die neue Umgebung gewöhnt und der normale Arbeitsalltag kann wieder losgehen. Am 17. September hat Mathias bei seiner neuen Stelle an der UC Berkeley angefangen. Die erste Woche über war er vor allem damit beschäftigt, viele Formulare auszufüllen, die Leute und den Arbeitsplatz kennen zu lernen und sich einzurichten.

Und was habe ich in der ganzen Zeit gemacht? Eigentlich wollte ich ja an meiner Masterarbeit weiterschreiben. Weit bin ich jedoch nicht gekommen. Am Dienstag hatte ich ein Treffen für (Ehe-)Partner von ausländischen Uni-Mitarbeitenden. Das ist ein zehnwöchiger Kurs, man trifft sich einmal pro Woche an einem Vormittag für 2 Stunden und isst anschliessend gemeinsam Zmittag. Es hört sich ein bisschen nach einem Treffen einer Selbsthilfegruppe an, und eigentlich ist es auch genau das. Aber es war sehr angenehm, man lernt viele Leute kennen, die in der selben Situation sind. Es waren 23 Frauen und 2 Männer da. Jede Woche hat ein Thema, zu welchem die Leiterin Infos bringt, Aufgaben stellt etc. Ich werde auch mal berichten, was genau wir dort machen, aber in der ersten Woche gingen beinahe die ganzen zwei Stunden für Vorstellungsrunden drauf, so dass es im Moment noch keinen grossen Sinn macht. Der Kurs heisst übrigens, typisch amerikanisch hochgestochen: "Creating a fulfilling life in America". Vielversprechend, nicht?

Am Donnerstag hat mich die Frau eines deutschen Kollegen aus Mathias' Gruppe zu einem Treffen für internationale Spouses und Partners mitgenommen. Die Treffen finden jeden Donnerstag Vormittag statt und werden von ein paar Frauen von (emeritierten) Uni-Professoren organisiert. Diese Frauen, alle schon älter, teilweise gegen 80, waren früher selber mal in der Situation, dass sie sich in einem fremden Land zurechtfinden mussten. Daher organisieren sie nun in Freiwilligenarbeit diese Treffen, um den ausländischen Frauen einen erleichterten Einstieg in das Leben in der USA zu ermöglichen. Sie stellen ein komplettes Programm auf die Beine (diese Woche war das Thema "Ballroom Dancing", und es kam eine Tanzlehrerin, die ein Einführungsprogramm durchgeführt hat), zudem gibt es tonnenweise Informationsmaterial, man kann sie alles fragen, und es gibt eine Spielecke für Kinder. Auch hier ist der grösste Vorteil, dass man viele Leute kennen lernt, die alle in der gleichen Situation sind.

Am Freitag habe ich die Hausaufgaben für den Dienstagskurs erledigt. Die Aufgabe war, mit jemandem aus dem Kurs ausserhalb des Kurses etwas zu unternehmen. So bin ich dann mit Sole (Italien) und Wei (China) nach San Francisco gefahren und wir haben uns Fisherman's Wharf angeschaut.

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Wei und Sole, im Hintergrund Alcatraz.

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Sole und ich und ein Vogel und ein Schiffli und das Meer und strahlender Sonnenschein...

Am Samstag kamen dieser Kollege von Mathias und seine Frau zum Znacht, und sie brachten ihre beiden Kinder mit. Obwohl die Wohnung überhaupt nicht speziell kinderfreundlich eingerichtet ist und wir null Spielzeug hatten, konnten sich die beiden prima beschäftigen. Zuerst spielten sie lange mit unseren zwei Hockern (mal wars ein Zug, mal ein Auto, dann konnte man wieder Zeug darin verstecken...), anschliessend mit den ganzen Magneten am Kühlschrank. Es braucht so wenig... Natürlich hatten sie auch noch selber ein paar Spielsachen dabei, aber es braucht wirklich nicht viel, damit Kinder zufrieden sind. Immer wieder erfreulich zu sehen!

Heute Sonntag sind Mathias und ich bereits seit einem halben Jahr verheiratet. Wie doch die Zeit vergeht! Eigentlich wollten wir den Tag nutzen, um einen Badesee auszuprobieren. Leider war das Wetter heute nicht ganz so schön wie in den letzten paar Tagen, und es war relativ kalt. Wir haben den See-Besuch daher vertagt und sind stattdessen einkaufen gegangen (ja, das geht hier sonntags problemlos). Und wir haben uns einen Film ausgeliehen - das kostet 1.30 US$ pro Tag! Sehr günstig, und man kann per Internet auswählen und reservieren und muss ihn dann bei einem Selecta-ähnlichen Automaten abholen gehen. Gemütlich! Und so geht die erste Arbeitswoche bereits wieder zu Ende.

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