Der Indian Summer

Blogeintraege vom November 2012:

Der Indian Summer

(5. November 2012)

Seit genau elf Wochen sind wir nun in den USA - schon fast ein Vierteljahr! Dennoch fühlt sich noch vieles neu und ungewohnt an. Dinge, die man früher routiniert und unterbewusst erledigt hat, brauchen hier viel mehr Zeit, Aufmerksamkeit, Hirnkapazität, Vorbereitung etc... Schon nur einkaufen ist nicht ganz einfach. Am Anfang war ich sehr deprimiert, dass ich einfachste Sachen nicht verstanden hatte - zum Beispiel, wenn einen der Verkäufer fragt, ob man eine Tasche will oder so. Unterdessen habe ich mich an die schnelle, vernuschelte Aussprache gewöhnt und verstehe langsam, was die Leute mir mitteilen möchten. Das fühlt sich doch sehr beruhigend an.

Nachdem wir nun die Basics eingerichtet haben - Wohnung, Auto, Versicherungen etc., versuchen wir nun, uns hier ein Leben aufzubauen. Freundschaften schliessen ist hier nicht so einfach: Amerikaner sind zwar die Meister des Small Talks, man kann mit jedem ins Gespräch kommen und ein paar Minuten plaudern. Aber das war es dann auch schon. Amerikaner sind sehr busy, immer beschäftigt, und nicht auf der Suche nach neuen Kollegen - und schon gar nicht Leuten aus Europa, die vielleicht sowieso nur ein Jährchen oder zwei bleiben.

Zum Glück sind wir jedoch zu zweit hier, dann fühlt man sich nicht ganz so isoliert. Und wir versuchen, die neue Welt gemeinsam zu erkunden. Das Wetter ist hier im Herbst traumhaft - im Moment sitze ich bei 24 Grad Celsius neben der offenen Balkontüre, ein laues Lüftchen weht ab und zu hinein... Wir haben zum Beispiel angefangen, Tennis zu spielen - etwas, was wir in Zürich schon immer mal ausprobieren wollten, aber irgendwie nie Zeit dazu fanden. Und an den Wochenenden wollen wir auch ab und zu weg fahren.

Und zum Glück lassen uns auch die Kollegen aus der Schweiz nicht im Stich. Über Facebook kann man mit vielen gut in Kontakt bleiben, und einige kommen uns ja auch besuchen. Ende Oktober war Aarno hier, als zweiter nach den Schwiegereltern. Leider musste ich ihn alleine los schicken, um San Francisco zu erkunden, dafür kam ich mit meiner Masterarbeit ein gutes Stück weiter. Abends sind wir dann dafür jeweils irgendwo etwas essen und ein Bierchen trinken gegangen. Das Highlight war der Samstag: Nach einem leckeren Pancake-Frühstück fuhren wir in den Six Flags Vergnügungspark, sowas ähnliches wie der Europapark. Der ist relativ nahe von uns, eine gute halbe Stunde Autofahrt und man ist dort. Auch an diesem Tag war das Wetter traumhaft, und wir genossen die vielen Achterbahnen sowie eine Delphinshow und, als Halloween-Special, verschiedene Gruselorte, durch die man durchlaufen konnte und dabei erschreckt wurde.

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Am folgenden Mittwoch war dann auch wirklich Halloween. Es war ganz spannend, das einmal hier zu erleben. Viele Leute dekorieren ihre Häuser, und die Kinder ziehen tatsächlich verkleidet von Tür zu Tür und sammeln Süssigkeiten - wie im Film eben. Auch viele Erwachsene verkleiden sich, auch während der Arbeit. So sieht man also manchmal Zombies Busse fahren und Elfen Lebensmittel verkaufen. Auch wir waren natürlich vorbereitet und hatten ein paar (OK, zwei Schüsseln...) Süssigkeiten zuhause, aber leider kamen bei uns keine Kinder vorbei. Vermutlich hatten wir zu wenig dekoriert, und zudem wohnen wir etwas versteckt im zweiten Stock. Ausserdem haben wir gehört, dass Eltern ihre Kinder manchmal in "gute" (das heisst sichere sowie ergiebige) Gebiete fahren und sie dort sammeln lassen - unsere Wohngegend war wohl nicht gut genug. Nun ja, mehr Candy für mich!

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Das letzte Wochenende gingen wir dann eher ruhig an. Am Freitag schauten wir der Footballmannschaft von Berkeley zu, wie sie (einmal mehr...) verloren. Am Samstag gingen wir ins Kino und assen im IHOP Znacht - ein Restaurant, in welchem es rund um die Uhr Pancakes gibt. Für Mathias gab es aber auch Burger.

Und nun beginnt schon wieder eine neue Woche, die Spannendes bringen wird: Zum einen wird unser Bad renoviert, nachdem sich die Badewanne aufzulösen begonnen hatte. Das sieht im Moment so aus:

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Wir haben keine Ahnung, was die Jungs genau treiben und was alles renoviert wird, aber es kann nur besser werden, insofern sind wir optimistisch. Und zum zweiten: Ende Woche kommt bereits wieder Besuch: Ben wird für zwei Wochen hier sein. Beziehungsweise für eine Woche hier, und eine Woche in Las Vegas. Wir werden für das letzte Wochenende auch noch nach Vegas fliegen. Das wird sicher cool, und dann habe ich dann auch wieder etwas zu berichten! Vorerst muss ich mich aber noch etwas meiner Masterarbeit widmen.

Das Badezimmer

(10. November 2012)

Wir haben eine ruhige, ereignislose Arbeitswoche hinter uns. Das einzig Spezielle war der Umbau unseres Badezimmers. Dieser hatte zur Folge, dass wir das Bad 4 Tage lang nicht benutzen konnten - freundlicherweise bauten sie abends jeweils die Toilette wieder ein, sonst hätten wir wohl Probleme bekommen... Tag eins, ihr erinnert euch:

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Zwei junge asiatische Männer waren die ganze Woche am rumwerkeln. Nach Tag eins war die "neue" Badewanne bereits drin, nach Tag zwei waren die Wände wieder drin, nach Tag drei war der Boden neu geplättelt und nach Tag vier war das Lavabo ersetzt. Gestern waren wir nicht zuhause, aber heute konnte ich jetzt das Bad putzen und wieder einrichten, und somit auch fotografieren:

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Von Weitem sieht es gar nicht übel aus, oder? Von Nahem gibt es dann doch noch einige Dinge, die seltsam erscheinen. So ist zum Beispiel die Dusche nicht ganz neu, sie hat schon einige Flecken und Kratzer. Keine Ahnung, wo die aufgetrieben wurde, aber solange sie besser aussieht als die alte ist mir das egal. Lustig oder eher tragisch ist, dass die Jungs die komische Duschtüre wieder einbauen wollten. Ich versuchte ihnen also zu kommunizieren, dass sie das bitte lassen sollen und wir was neues kaufen. Sie konnten nicht wirklich englisch, aber anscheinend verstanden sie, was ich meinte, und ich konnte eine Duschstange und einen Duschvorhang kaufen gehen. Das sieht erstens massiv besser aus und ist zweitens auch angenehmer zum ein- und aussteigen!

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Was mir sehr gut gefällt, ist der Plättliboden. Die Plättli sind neu und schön verarbeitet. Was ein bisschen irritiert, ist, dass sie das Lavaboschränkchen nicht ausgebaut und darunter auch geplättelt haben - nein, das Schränkchen steht immer noch drin und die Plättchen wurden danach ausgerichtet. Nun ja, wenn sie meinen...

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Interessant ist auch das Lavabo: Das Schränkchen blieb ja das alte, aber das Brünneli darauf wurde ersetzt. Jedoch ist auch das eine Occasion, nicht mehr ganz taufrisch... Aber auch hier: Das neue ist massiv schöner und hygienischer als das alte, also solls mir recht sein.

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Wir verstehen nicht ganz, warum der Besitzer nicht noch ein paar Dollar mehr ausgegeben hat und das Bad komplett renoviert hat - es wäre in einem Anlauf gegangen, hätte nicht viel gekostet und viel besser ausgesehen. Aber andererseits haben wir gelernt, dass hier eine andere Mentalität herrscht und gespart wird, wo es geht... Der Mieter ist schliesslich nicht König. Nun ja, was solls, ich freue mich jetzt einfach darüber, dass es einen nicht mehr ekelt wenn man ins Badezimmer geht und ich mich nicht mehr entschuldigen muss, wenn Gäste hier sind... Man kann problemlos barfuss herumlaufen und es braucht keinen Teppich mehr weil der Boden so grauslig ist, man kann Dinge neben dem Lavabo hinstellen ohne dass es eklig ist, und man kann in die Dusche steigen ohne überall anzustossen. Mein unliebster Raum in der Wohnung hat sich gemacht!

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Vorher...

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... und nachher.

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