Die Brechstange

Ihr seid sicher alle mega gespannt, wie sich unser Fire Pit bewaehrt hat. Ausgezeichnet! Wir haben es bisher zwar erst einmal benutzt, aber das ging sehr gut und spaetestens im naechsten Sommer wird es dann sicher haeufig genutzt!

Grillage

Erst mal darf ich euch natuerlich das Design, welches sich Mathias ausgesucht hat, nicht vorenthalten:

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Cowboy-Motive. Suuuper. Sehr amerikanisch! Aber irgendwie witzig. Ich schaus als ironisches Statement an. Uebrigens, was Mathias da gerade stapelt sind alte Checks. Die alte Bank ging uns ja schon laenger tierisch auf den Wecker, und so hatten wir eine neue ausprobiert, und nachdem sich die neue bewaehrt hat haben wir die alte auf den Mond geschossen. Und da man Checks ja nicht wegwerfen soll - damit kann ja jeder von deinem Konto Geld holen! - haben wir sie eben als Anzuendmaterial verwendet.

Uebrigens, fuer alle die jetzt reinzoomen und versuchen die Kontonummer zu lesen - das Konto ist unterdessen zu. Also hoffen wir zumindest, die Bank hat uns noch nicht ganz aufgegeben...

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Jedenfalls freut sich Mathias ueber das Feuerchen. Und da Grillen in der Gruppe lustiger ist haben wir noch Pige und Dimitra eingeladen. Pige kannten wir noch von der ETH her, seine Frau macht in Purdue PostDoc, also das was Mathias in Berkeley gemacht hat. Und sie hat auch so ziemlich die gleichen Probleme, weshalb wir sie etwas aufzupaeppeln versuchen...

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In der Oeffentlichkeit darf man ja keinen Alkohol konsumieren, aber auf dem Privatgrundstueck ist es zum Glueck erlaubt, zumindest wenn grad keine Prohibition herrscht. Cheers!

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Im Anschluss probierten wir uns noch an S'mores, das ist das klassische Barbecue-Dessert der Amis: Man erhitzt einen Marshmallow ueber dem Feuer, legt ihn anschliessend auf einen Graham-Keks, legt ein Stueck Schokolade dazu und klemmt oben nochmal einen Keks drauf. Durch den heissen Marshmallow sollte dann die Schokolade etwas schmelzen und das Ganze ist erstaunlich lecker.

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Mathias demonstriert uns hier sehr euphorisch, wie so ein S'more auszusehen hat. Da das Bild etwas undeutlich ist schaut ihr ev. besser noch Wikipedia dazu an. Der Begriff S'more kommt von "some more", so aehnlich wie auch klein Baerbeli frueher "meh eis" gesagt hat. Some more ist aber voelliger Bloedsinn weil mehr als einen oder zwei von diesen Dingern kriegt man eh nicht runter. Aber das Herstellen ist ja das Witzige und Wichtige daran. Und gemeinsam gemuetlich um ein Feuer zu sitzen ist eben schon toll.

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Im Fruehling wollen wir dann einen Sitzplatz machen im Garten hinten, damit man einen richtigen Tisch hinstellen kann. Ich wollte eigentlich eine Pergola, aber der Baum ist so dicht dass es eh nie zu viel Sonne oder Regen hat, also mal schauen obs das ueberhaupt braucht...

Brechstangeneinsatz

A propos Pergola und Zeugs bauen und so... Ihr fragt euch ja sicher, was ich mit all meinen Werkzeugen so angestellt habe. Nun, bevor man aufbauen kann, muss man niederreissen. Angefangen hat alles damit, dass wir die Gestelle in der Vorratskammer ein bisschen eklig fanden.

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Was hat die denn, werdet ihr euch fragen, die Gestelle sehen doch voellig brauchbar aus! Nun, ich sage es immer wieder: Amerikaner sind Meister des Scheins. Von Weitem sieht alles halbwegs brauchbar aus, aber glaubt mir, von Nahem war dem nicht so.

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Ich wollte also zu Beginn mal das Schraenkchen ganz links abmontieren. "Nur mal kurz den Schrank", dachte ich mir. Naiv wie ich war. Denn nein, da gab es keine Schrauben zu loesen und Seitenwaende abzuschrauben. Nein. Der ganze Schrank war zusammengenagelt, mit 5cm langen Naegeln alle paar Zentimeter... Und es gab auch keine Rueckwand, der Schrank war einfach hinten und links an die normale Wand angenagelt!

Und es sollte noch schlimmer kommen: Alle drei Kaestchen sind ineinander verschachtelt, man kann also nicht nur eins davon rausloesen. Kommt eins, kommen alle. Aber tja, ich hatte schon mal angefangen, dann halt raus mit allem... Sollte ja eh irgendwann wegkommen, warum also nicht jetzt.

So wurde die Brechstange mein neuer bester Freund. Stundenlang konnten wir zwei uns in diesem Raeumchen beschaeftigen. Und die Kaestchen gaben nur seeehr widerwillig nach. Aber so schnell geb ich nicht auf. Irgendwann wollte dann Mathias auch mal bissl Spass haben und Zeug zerstoeren:

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Hat mich schon bissl erstaunt, dass diese Schraenke so bombensicher befestigt sind. Klar ist das hier Tornadogebiet, aber erstens, wenn da wirklich ein Tornado drueber braust, dann nuetzen die paar Naegel auch nix, und zweitens, die Einbauschraenke sind besser befestigt als das ganze Haus! Das macht doch keinen Sinn!

Hups, irgendwann hats dann gekracht und nun war klar: Es gibt kein Zurueck mehr, wir koennen nicht einfach die Schraenke wieder reinmachen wenn wir wollen, die muessen jetzt also definitiv raus. Nun denn, auf sie mit Gebruell! Zum Aggressionen loswerden ist so eine Brechstange also optimal.

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Ein Problem hatten wir allerdings noch. Wie gesagt waren die Einbauschraenke stabiler als das ganze Haus. Das hatte natuerlich zur Folge, dass die Gipswaendli, an welchen die Bretter befestigt waren, von der ganzen Aktion ziemlich in Mitleidenschaft gerissen wurden. Ich hab mir dann also ernsthaft ueberlegt, ob es sich lohnt die ganzen Loecher zu flicken oder ob wir nicht einfach eine neue Lage Gipsplaettchen drueber haengen sollen... Ich hab mich dann doch fuers Flicken entschieden, zumindest mal voruebergehend, wenn wir uns dann erneut der Speisekammer widmen koennen wir uns das immer noch ueberlegen.

Wie immer habe ich es verhaengt, zur rechten Zeit ein Foto zu machen, erst nach der ersten Ladung Spachtelmasse ist es mir in den Sinn gekommen das Elend zu dokumentieren. Die Ganze Wand sah also etwa so aus:

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Aber Spachteln hat sich als sehr amuesant herausgestellt, und malen kannte ich ja schon, und so sah es dann nach einer Weile so aus:

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Oops.

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Und zum Schluss so:

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Das ist jetzt fuer euch wahrscheinlich nicht ganz so eindruecklich wie fuer mich weil ihr nicht genau wisst wie es vorher war. Aber ich bin stolz drauf. Sieg!

Nach dem Abreissen kommt nun also das Aufbauen: Mathias hat sich ein Gestell gewuenscht "bei dem man die Bretter sieht", ich bin nicht sicher ob es das trifft aber die Bretter sieht man zumindest! :D

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Ach ja, habt ihr auch meine suessen Aufbewahrgefaesse gesehen? Sieht doch gut aus, nicht!?

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Bleibt noch die Frage, warum wir das ganze Theater eigentlich gemacht haben. Nun, es ist so dass die Kueche ziemlich alt und eklig ist. Ich hab schon mal ein bisschen angefangen zu putzen aber es lohnt sich eigentlich nicht, ganz sauber kriegt man das eh nicht. Und da wir eh beschlossen haben, die Kueche zu renovieren, vielleicht im Winter oder so, brauchten wir eine vernuenftige Uebergangsloesung. Bisher stand naemlich alles in der Kueche, in der Speisekammer und im Esszimmer rum, man fand irgendwie nix und wusste nie wo man etwas hinstellen kann ohne dass es schmuddelig wird... Nun, jetzt haben wir die Speisekammer mal temporaer fertig, da kann man jetzt alles Zeug problemlos lagern und alles ist an einem Ort.

Kueche und Speisekammer werden wir dann gleichzeitig renovieren muessen, da in beiden Raeumen irgendwelche Plaettchen drin sind, die moeglicherweise asbesthaltig sind und die wir daher nicht selber rausreissen koennen. Ausserdem faende ich es noch schoen, wenn beide Raeume die gleichen Plaettchen drin haetten, nicht ein Raum rote und der andere blaue und weisse - aber eben, anderer Kulturkreis. Und natuerlich auch andere Zeit, das war ja vor bald 60 Jahren. (A propos, ist euch die lindgruene Farbe aufgefallen an den Einbauschraenken unter dem weiss? Auf dem Brechstangenbild sieht mans etwas. Die Leute muessen frueher wirklich einen seehr seltsamen Farbgeschmack gehabt haben.....)

Jo, das hab ich so getrieben die ganze Zeit. Eben, es dauert alles immer laenger als man denkt... Aber schon wieder ein Projekt fuer den Moment abgeschlossen.

Tja, und dann musste ich natuerlich noch den Rest meiner Werkzeuge ausprobieren.

Mein erstes Projekt war ein Tisch. Ich bin nicht wirklich zufrieden damit, weil er bissl wellig ist - was bei einer Tischoberflaeche ja nicht wirklich sein sollte. Wahrscheinlich mache ich dann noch einen zweiten und den ersten verwenden wir dann als Basteltisch oder fuer draussen. Aber es war ein Anfang. Und ein Lehrstueck. Nicht nur handwerklich, auch sonst musste ich einiges lernen in diesem Land.

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Schon nur die ganzen englischen Namen der Geraete und Hilfsmittel. Schraube und Nagel weiss ja jeder, aber sobald es etwas komplizierter wird wirds schwieriger. Und dann kommen noch andere Gebraeuche dazu. Zum Beispiel habe ich stundenlang nach Duebel gesucht und in drei Geschaeften nicht gefunden. Und dann wurde mir klar, warum: Duebel werden hier als Stange zum selber saegen verkauft. Fragt mich nicht, warum...

Auch interessant ist es, Holz in Amerika zu kaufen. Schon das war eine Schwierigkeit fuer sich. Die Laengenangaben sind manchmal in Inches, manchmal in Feet angegeben. Hier ist die Umrechnung ja noch verhaeltnismaessig einfach: 12 Inches sind 1 Foot. Kann man sich ja noch halbwegs vorstellen. Aber wenns dann kleiner wird als einen Inch, oh heja, dann verwenden sie: Brueche! Gnah! 1/4 Inch und 5/8 Inch und 3/8 Inch und so. Boah. Zum Glueck hab ich ja halbwegs Ahnung von Bruchrechnen aber wieso sie nicht wenigstens ueberall den gleichen Nenner verwenden... Weiss der Himmel.

Tja und dann steht man da vor dem ganzen Holz, und da steht ueberall ganz praktisch 2 x 4, 2 x 6, 1 x 2, 4 x 4 etc. Nun, da koennte man davon ausgehen dass das die Masse in Inches sind, nicht? Nein, dem ist aber nicht so. Eine 2 x 4 Latte misst 1 1/2 x 3 1/2 Inches. Ernsthaft, ich verarsche euch nicht. Hier ist der Beweis (Link). Also ganz schoen kompliziert das Ganze. Wenigstens die Laenge ist halbwegs einheitlich, die meisten Latten sind 8 Feet lang. Und ratet mal, wie lange Latten in die Chelsey reinpassen... Genau, bis maximal 8 Feet ohne dass sie hinten raus haengen. Praktisch, nicht?

Also, ich hatte vieles gelernt und dann diesen Tisch gebastelt mit dem ich wie gesagt noch nicht ganz zufrieden bin. Womit ich aber sehr zufrieden bin sind die Matrix-Werkzeuge: Das Wechseln der Aufsaetze geht ziemlich schnell und einfach (leider aber nur mit 2 Haenden) und ein Akku statt Kabel ist auch ziemlich praktisch. Der Schleifaufsatz ist ein bisschen popelig, den kann man nur fuer kleinere Dinge verwenden, die restlichen Aufsaetze (Bohrer, Schrauber, Stichsaege und Handkreissaege) sind prima. Nur einen Dremel-Aufsatz muessten sie noch bauen...

Nichts desto trotz habe ich mir noch zwei weitere Maschinen gegoennt:

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Fuer groessere Dinge ist ein Bandschleifer halt schon praktischer, und die grosse Saege ist schneller und genauer als die von Hand. Das Einzige was jetzt noch fehlt ist ein ebener Untergrund, denn die Garage hat in der Mitte einen Wasserabfluss und ist daher zur Mitte hin abschuessig gebaut. Das Problem wird sich nicht so leicht loesen lassen, darum nehm ichs jetzt einfach als Ausrede wenn was schief geht.

Nach dem Tisch und dem Gestell fuer die Speisekammer wollte ich mich dann mal an etwas Komplexeres wagen und so habe ich ein Bett gebaut. Toent in Theorie einfach - ist ja nur eine Schachtel, quasi. Aber in Praxis ist es dann doch nicht so einfach, irgendwie passen die bloeden Latten dann doch nie... Aber mit Ach und Krach hab ichs dann doch zusammen gebracht. Und ich habe aus dem Tisch gelernt, fuer das Bett habe ich die teureren Bretter genommen die dafuer gerader und bessere Qualitaet waren. Ich glaube das hat sich gelohnt. Das muss ich mir von nun an angewoehnen...

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Mathias testet nun mal die Stabilitaet.

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Fehlen noch die Nachttischchen... Und dann vielleicht noch eine Kommode... So viel zu tun! Und die Wand im Zimmer muss auch noch irgendwann gestrichen werden.

Auch im Wohnzimmer hat sich noch ein bisschen was getan. Erstens habe ich nun violette Vorhaenge gefunden:

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Und zweitens haben wir noch ein Schuhkaestchen gebaut, denn wir haben zwar eigentlich einen Garderobenschrank aber es hat sich herausgestellt dass wir zu faul sind, die Schuhe die wir haeufig brauchen immer rein zu stellen. Und Platz gibts ja genug, ich finde das Kaestchen stoert nicht. Nun sollte das Wohnzimmer also wirklich praktisch fertig sein.

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Uebrigens, ich habe ja vorhin geschrieben dass ich viel am Lernen sei, ueber Holz und Maschinen und Laengenmasse... Nun, das ist nicht alles. Es ist naemlich so, dass es noch andere Dinge zu tun gibt in diesem Haus, und fuer uns ist das doppelt schwierig, weil wir einerseits zum ersten Mal ein eigenes Haus haben, und dann dieses andererseits auch noch in einem fremden Kulturkreis. So musste ich zum Beispiel den Wasserfilter im Kuehlschrank wechseln. Warum hat ein Kuehlschrank einen Wasserfilter? Weil der Kuehlschrank einen Wasserdispenser und eine eingebaute Eismaschine hat, darum. Jetzt weiss ich also wie man einen Wasserfilter im Kuehlschrank austauscht.

A propos Wasser. In amerikanischen Haeusern gibt es Water Softeners. Das ist so ein grosser Eimer der im Keller steht und der mit Salz gefuellt ist, durch welches das Wasser durchfliesst und dabei enthaertet wird. Und dieses Salz muss man nun ab und zu nachfuellen. Schon wieder was gelernt. All dies braucht ziemlich Zeit, da wir uns quasi von Grund auf damit auseinandersetzen muessen. Ich habe auch dazu ein paar Youtube-Videos angeschaut. Das beste war eins, bei dem ein Vater seinem etwa 10jaehrigen Sohn gezeigt hat, wie man dieses Salz auffuellt. Der Sohn hat dann die ueblichen Kinderfragen gestellt, "wie viel Salz kommt denn da rein?" und so. Also genau die Fragen, die mich auch interessieren. Man fuehlt sich dann schon etwas deppert aber hey, was kann ich dafuer dass ich sowas noch nie gesehen habe!

Uebrigens. Meine Eltern haben auf meinen letzten Blog angemerkt, dass sie die Idee mit dem eingegrabenen Kompost gar nicht so doof finden. Dazu moechte ich noch sagen, ich finds auch nicht doof. Ich weiss ja nicht, obs funktioniert hat. Aber ich finde es seltsam. Und seltsam ist nicht wertend gemeint. Wir finden sehr vieles hier drueben seltsam, einfach weil es anders ist als wir es uns gewohnt sind. Aber wir geben uns grosse Muehe, Dinge erst mal einfach als "anders" anzusehen, eben ohne Wertung. Es gibt dann zwar Dinge, die definitiv auch objektiv gesehen wirklich deppert sind, aber viele Sachen sind halt wirklich einfach nur anders, und nicht per se schlechter. Daher, wenn ich hier im Blog irgendwo schreibe dass etwas seltsam ist, meine ich das nicht abwertend. Ich schreibe einfach Dinge auf, die mir auffallen, eben weil es halt nicht so ist wie "zuhause".

Zum Beispiel kam ein Typ vorbei der unsere Gasheizung inspiziert hat. Den musste ich am Schluss bezahlen, und zwar mit einem Check. Auch das, sehr seltsam. Aber nicht schlecht, einfach anders und ungewohnt. Und es hat mir gezeigt dass ich mal wieder die Schreibweise englischer Zahlen repetieren sollte... Und auch hier ist halt wieder das Problem der doppelten Uebergangssituation. Ich muss zum ersten Mal mit Handwerkern umgehen - das habe ich in der Schweiz praktisch nie gemacht - und dann auch noch mit Leuten aus einem anderen Kulturkreis. Da wird man ab und zu aus seiner Comfort Zone geschleudert, aber das gehoert halt auch dazu, so lernt man und entwickelt sich.

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